'Restaurant 2025: sieben gastronomische Trend-Thesen'. Mit diesem Titel wagte die Internorga anlässlich ihres 90. Geburtstages einen fundierten Blick in die Zukunft. Die exklusive Studie wurde vom GDI Gottlieb Duttweiler Institute in Zürich/Schweiz erstellt und versteht sich als langfristige Skizze neuer Wettbewerbsstrukturen bei Individualisierung der Massen. Zentrale Feststellung: Essen ist Lifestyle.
Immer mehr Konsumenten, Retailer und Quereinsteiger aus der Tech-Branche mischen mit. Einzelne Akteure emanzipieren sich innerhalb der Wertschöpfungskette von ihrer angestammten Rolle. Insbesondere die Grenzen zwischen Retail und Gastronomie verschwimmen. Doch eines ist klar: Die Vorherrschaft entscheidet sich im Kampf um die letzte Meile.
Es wird für Anbieter immer wichtiger, sich klar zu positionieren und die eigenen Stärken auszuspielen - bevor ein Start-up oder ein großer Player das Geschäftsmodell besser, billiger und schneller umsetzt. Das Spannungsfeld, in dem sich Angebote positionieren können, ist groß.
Wir wollen, dass die Technologie uns mühselige oder langweilige Arbeiten abnimmt und automatisiert. So wird sich Convenience-Essen zu Komfort-Essen weiterentwickeln. Unser Essverhalten wird immer stärker von einer zeitgeistgemäßen Definition von Convenience bestimmt (Entwicklungen: schnell, gut und frisch/ohne menschliche Interaktion/bequem/ On-Demand).
Wohlgemerkt, Convenience hat zwei große Probleme. Erstens: Convenience-Food verlangt vom Konsumenten blindes Vertrauen und Kontrollverlust, denn alles ist hoch technologisiert. Zweitens: Convenience macht nicht glücklich. Wir erhalten zwar mehr Komfort, aber kaum sinnliche oder Erlebnisbefriedigung. Weil Convenience keine nachhaltigen Erlebnisse vermittelt, sind wir permanent auf der Suche. Denn so paradox es klingen mag: Nachhaltige Erlebnisse sind inconvenient, also unbequem.
Je erfolgreicher Menschen sind, desto mehr sind sie unterwegs. Unterwegssein wird das Normale. Ankommen und Zuhausesein bekommen daher einen höheren Stellenwert. Technologie und Lieferdienste unterstützen diesen Trend: Home-Office wird normal, Home-Entertainment wird immer besser, Home-Shopping immer einfacher. Statt ins Restaurant zu gehen, lassen sich vor allem Jugendliche vielfältigste Foodprodukte und Getränke vom Einzelhändler liefern.
Social Life kehrt also zurück nach Hause. Je reichhaltiger und einfacher die Bestellmöglichkeiten, desto eher wird darauf zurückgegriffen. Traditionelle Gastro-Formate müssen sich in Zukunft vor diesem Hintergrund neu positionieren.
Man will mit Freunden zusammen sein, schwatzen, lachen, eine gute Zeit haben. Essen ist dafür ideal und stärker als andere Formen des Konsums. Während man sich früher bei einem Konzert traf, verabredet man sich heute auf einem Street-Food-Festival. Essen ist cool, Essen ist Lifestyle. Essen ist zu einem Identifikationsmittel und zu einem Statussymbol geworden. Essen ist ein Ausdrucksmedium unserer Gesellschaft.
Und wenn Menschen immer überall essen, wird als Gegentrend das angenehme Ambiente immer wichtiger. Restaurants bekommen neue Chancen, nehmen eine neue Rolle ein und können zusätzliche Aufgaben wahrnehmen.
Das frühe 21. Jahrhundert war eine Zeit der globalen Migration. Einwanderer bringen natürlich auch ihre spezifischen Lebensmittel, Gerichte, ihre Esskultur mit. Daher werden wir in den kommenden Jahren eine Vielzahl von neuen Trends erleben. In einer pluralistischen Gesellschaft wird die Zugehörigkeit zu einer Minderheit nicht mehr als Makel empfunden, sondern als Normalität.
Globale Marketing-Botschaften erreichen diese Angehörigen von Minderheiten nur noch bedingt. Darum: Ein liberaler Vielvölkerstaat bietet interessante neue Möglichkeiten auch für Gastro-Investitionen, die sich kulturspezifisch ausrichten.
Konsumenten haben zwei sich widersprechende Bedürfnisse: Hightech und Bio-Romantik. Die beginnenden digitalen Umwälzungen in der Food-Branche sind eine Chance, die Lücke zwischen diesen beiden Polen zu schließen.
Wenn Services und Produkte in einzelne Teile zerlegt und neu zusammengesetzt werden, ist auch eine Annäherung, wenn nicht sogar eine Verschmelzung möglich. Hier liegt das große Potenzial der digitalen Welt: Sie hilft den Menschen, ihre analogen Bedürfnisse kennen- und managen zu lernen. Die gesamte Food-Wertschöpfungskette ist immer stärker von Wissenschaft und Technologie geprägt.
Je mehr wir haben, desto persönlicher wollen wir konsumieren. Massenindividualität löst Homogenität ab. Was eine Mahlzeit wert ist, entscheidet sich im Austausch der Gäste untereinander, nicht in der Werbung der Anbieter.
Der direkte Austausch mit den Konsumenten wird aus diesem Grund immer wichtiger. Wenn man wirklich verstehen will, woher Essen kommt, dann landet man zwangsläufig bei den Produzenten. Ihre Gesichter und Geschichten bekommen zunehmend Bedeutung. Wo früher die Fernsehköche im Fokus standen, werden morgen die Bauern zu den Stars.
Das Vertrauen liegt dann nicht mehr bei großen Marken und Labels, sondern bei den Produzenten. Sie bürgen persönlich für Qualität. Die Produkte werden also personifiziert.
Das Essen der Zukunft ist schnell wie Fast Food und hochwertig wie Bio.